MTK & HCCH   |   Onlinepublikation
5300 Jahre Schrift
Universität Heidelberg: Sonderforschungsbereich 933 der Deutschen Forschungsgemeinschaft.
Materiale Textkulturen. Materialität und Präsenz des Geschriebenen in non-typographischen Gesellschaften
& Heidelberg Center for Cultural Heritage – HCCH
MTK & HCCH | Onlinepublikation | 5300 Jahre Schrift
Sonderforschungsbereich 933 der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Materiale Textkulturen & Heidelberg Center for Cultural Heritage – HCCH
 

»Allgegenwärtiges, verfluchtes Fieber«

Inschriften in Stein, Amulette und Fluchtafeln in der Antike (Mitte des 1. Jhs. v. Chr.)

von Ulrike Ehmig  (Provinzialrömische Archäologie)

 
Bleitäfelchen, stark fragmentiert

(Höhe: 30,5 cm, Breite: 11 cm), mit Resten einer 45-zeiligen Inschrift. In dieser werden die Götter Proserpina und Pluto angerufen und sodann ein Mann namens Plotius verflucht. Das Bleitäfelchen war ursprünglich aufgerollt und mit einem Nagel durchbohrt. Gefunden in Rom (Italien). Heute im Archaeological Museum der Johns Hopkins University in Baltimore (Inv. JHUAM 2011.01; der hier nicht abgebildete Nagel: JHUAM 2011.06). Datierung: Mitte des 1. Jahrhunderts v. Chr.

 
zur Autorin

Ulrike Ehmig forscht als habilitierte Mitarbeiterin im Teilprojekt A03 UP2 »Magie im Kontext: defixiones und die Kommunikation mit antiken Göttern« des SFB 933 an der Universität Heidelberg. Sie befasst sich schwerpunktmäßig mit Forschungen im Bereich der lateinischen Epigraphik sowie Fragen der Wahrnehmung und Handhabung von Risiken in der Antike.

 

Artikel als PDF

Krankheit war einer der häufigsten Gründe, dass sich Menschen in der Antike hilfesuchend an die Götter wandten. Zahlreiche lateinische Votivinschriften (abgeleitet von votum = Gelübde) bezeugen, dass man bei himmlischen Mächten die Genesung erkrankter Personen erbeten und dafür eine Gegenleistung versprochen hatte. Soweit die Inschriften dazu Aussagen machen, waren diejenigen, die das Gelübde aussprachen, oftmals die Erkrankten selbst, häufig aber auch ihre Angehörigen und nicht selten sogar Ärzte. In diesen Inschriften wird das betreffende Leiden in aller Regel nur sehr allgemein beschrieben. Lediglich Erkrankungen von Augen und Ohren wurden bisweilen explizit genannt.

Darüber hinaus führte man gelegentlich ›Fieber‹ als Ursache des Leidens an. Während nach heutiger medizinischer Kenntnis das Fieber ein Symptom von Erkrankungen ist, galt es von der Antike bis in die frühe Neuzeit als eigene Krankheit. Ein Beispiel hierfür liefert ein Votivaltar, der im Jahr 2002 in Veii, knapp 20 km nordwestlich von Rom, gefunden wurde. Seine Inschrift berichtet, dass ein gewisser Caius Sulpicius Liscus sein Gelübde gegenüber Herkules und den unbesiegten örtlichen Quellgöttern (Fontes Invicti) eingelöst hatte, weil er, wie erhofft, durch ein Bad im Quellwasser von der tertiana befreit worden war. Das Tertianfieber ist eine eher milde, kaum lebensbedrohliche Form der Malaria, bei der die Fieberanfälle alle drei Tage auftreten. Auch wenn diese Malariaform sowie, medizinisch gesehen, Fieber generell eher selten zum Tod führen, machte man es in der Antike wiederholt dafür verantwortlich: Aus Rom, dem adriatischen Norditalien sowie Orten im heutigen Tunesien und Algerien stammen mehrere lateinische Grabinschriften, in denen lang andauerndes oder heftiges Fieber als Todesursache genannt wird. Unter den betroffenen Personen war auch ein Arzt. Immer wieder begegnet man in antiken Grab- und Sakralinschriften dem Hinweis, dass die Ärztekunst nicht alles zu heilen in der Lage war. Daher vertraute man auch nicht ausschließlich auf eine medizinische Behandlung, sondern suchte sich zusätzlich auf andere Weise zu schützen. Als besonders wirkungsvoll erachtete man gerade bei Krankheiten Amulette, die dauerhaft getragen wurden oder fallspezifisch zur Anwendung kamen. Üblicherweise waren dies beschriftete Papyrusstücke, Metallplättchen oder sogenannte magische Gemmen, also geschnittene Halbedelsteine mit Bildern und Texten aus Religion und Mythos. Man verband mit ihnen magische Kräfte gegen alle erdenklichen negativen Einflüsse. Ein zentraler Anwendungsbereich der Amulette war wiederum Fieber, das auf diese Weise ferngehalten und gelindert werden sollte.

Die Krankheitsabwehr und -vorbeugung umfassten also mit Besuchen bei Ärzten, religiösen Akten im Rahmen offizieller Kulte sowie magischen Praktiken ein breites Spektrum an Maßnahmen. Die magischen Handlungen aber konnten nicht nur defensiv als Schutz, sondern auch offensiv und aggressiv angewendet werden: Es war in der Antike eine immer wieder geübte Praxis, Kontrahenten in verschiedensten Lebensbereichen dadurch bezwingen zu wollen, dass man sie mit einem Fluch belegte und ihnen alle erdenklichen Übel wünschte. Man benutzte dazu meist kleine Bleitäfelchen, sogenannte Fluchtafeln, die man selbst beschrieb oder beschreiben ließ, faltete oder aufrollte, bisweilen mit einem Nagel durchbohrte und an speziellen Orten, denen wie Gräbern besondere Wirkung zugeschrieben wurde, verbarg. Auf diese Weise versuchte man, Gegner vor Gericht durch erzwungenes Schweigen unschädlich zu machen, Konkurrenten in wirtschaftlichen Unternehmungen und bei Wagenrennen auszuschalten, oder aber Nebenbuhler in Liebesangelegenheiten auszustechen. Immer wieder ist festzustellen, dass man für den Verfluchten ein physisches Übel, und zwar ganz konkret Fieber, erbat: Ein Leiden, vor dem man sich selbst fürchtete und das man sich mit allen Mitteln vom Leib halten wollte, sollte den Widersacher treffen. Dabei wurde man mitunter sehr konkret und detailreich: Nicht immer nämlich beließ man es beim einfachen ›Wunsch‹, das Gegenüber möge unter Fieber leiden. Vielmehr gab es Fälle, in denen man versuchte, auf Nummer sicher zu gehen.

Eine der längsten Fluchtafeln aus der römischen Epoche ist ein 30,5 x 11 cm großes Bleitäfelchen aus der Mitte des 1. Jahrhunderts v. Chr. mit 45-zeiligem Text. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts ist es zusammen mit vier fast wortgleichen Stücken in Rom gefunden worden. Das Ensemble gelangte 1908 in die archäologische Sammlung der Johns Hopkins University in Baltimore. In der hier abgebildeten Tafel, von der über 60 Fragmente erhalten sind, wurde ein gewisser Plotius verflucht. Der Auftraggeber blieb, wie üblich, anonym und schwieg auch über den Anlass für den Fluch. Er wandte sich bei seinem Vorhaben an Proserpina, ihren Gemahl Pluto und den dreiköpfigen Höllenhund Cerberus (canis triceps) und versprach, wenn sie bis zu einem festgesetzten Termin getan hätten, was er wolle, ihnen Datteln, getrocknete Feigen und ein schwarzes Schwein darzubringen. Plotius wurde vom Kopf bis zu den Zehen in einzigartig differenzierter anatomischer Auflistung von Körperteilen und Organen verflucht. Ebenso detailliert bat der Verfasser darum, dass Plotius von allen erdenklichen Fiebern heimgesucht werden solle. Er zählte febris quartana tertiana cottidiana auf, das heißt Plotius sollte vom Wechselfieber befallen werden, das alle vier Tage auftrat (quartana), dann von dem eingangs in der Votivinschrift genannten Dreitagesfieber (tertiana) und zusätzlich von einem täglich auftretenden Fieber (cottidiana).

Fieber war also ein allgegenwärtiges und in verschiedener Hinsicht verfluchtes Übel: In Stein gemeißelt prangerte man es öffentlich in Grabinschriften wiederholt als Todesursache an. Es konnte Personen so stark beeinträchtigen, dass diese sich hilfesuchend im Rahmen weit verbreiteter Kultpraktiken an die Götter wandten. Demgegenüber waren Amulette, die gegen das häufig auftretende Krankheitssymptom schützen sollten, in aller Regel fremden Blicken entzogen. Womöglich vertraute man auf ihre Wirkung nicht nur bei einer Erkrankung, sondern auch für den Fall einer Verfluchung. Das Beispiel der Fluchtafel aus Rom macht deutlich, dass ein der öffentlichen Sichtbarkeit gänzlich entzogener, eng auf Blei geritzter Text nicht zu einer inhaltlichen Reduzierung führte. Ganz im Gegenteil offenbart er im Verborgenen eine sonst kaum bezeugte Kenntnis anatomischer Details und differenzierter Krankheitsbilder.

 

 
Literatur

Fox, William Sherwood (1912), The Johns Hopkins Tabellae Defixionum (The American Journal of Philology Suppl. 33.1), Baltimore, 16–19 Nr. 1 und 33–47.

Gager, John G. (1992), Curse Tablets and Binding Spells from the Ancient World, New York, 240–242.

Horn, Hans-Jürgen (1969), »Fieber«, in: Reallexikon für Antike und Christentum. Bd. 7, Stuttgart, 877–909.

Scheidel, Walter (2001), Death on the Nile. Disease and the Demography of Roman Egypt (Mnemosyne Suppl. History and Archaeology of Classical Antiquity 228), Leiden / Köln, 75–91.

Weitere Verweise

Katalogeintrag und ausführliche Beschreibung des im Text behandelten Bleitäfelchens auf der Website des Johns Hopkins Archaeological Museums

Ein weiterer Datenbankeintrag zum Täfelchen aus dem Artikel im Electronic Archive of Greek and Latin Epigraphy

Im Oktober 2016 fand ein internationaler Workshop zum Thema „Aktuelle Forschungen zu den antiken Fluchtafeln“ in Magdeburg statt. Berichte und Texte finden Sie hier.

Abbildungshinweis

Titelbild: Johns Hopkins Archaeological Museum. Der Rechteinhaber hat auf mehrfache Anfrage nicht reagiert. Hier sind Herausgeber und Verlag bereit, nach Anforderung rechtmäßiger Ansprüche abzugelten.

 
  Wunderhorn Verlag Sonderforschungsbereich Materiale Textkulturen der Deutschen Forschungsgemeinschaft Universität Heidelberg  

»Allgegenwärtiges, verfluchtes Fieber«

Inschriften in Stein, Amulette und Fluchtafeln in der Antike (Mitte des 1. Jhs. v. Chr.)

von Ulrike Ehmig  (Provinzialrömische Archäologie)

Bleitäfelchen, stark fragmentiert

(Höhe: 30,5 cm, Breite: 11 cm), mit Resten einer 45-zeiligen Inschrift. In dieser werden die Götter Proserpina und Pluto angerufen und sodann ein Mann namens Plotius verflucht. Das Bleitäfelchen war ursprünglich aufgerollt und mit einem Nagel durchbohrt. Gefunden in Rom (Italien). Heute im Archaeological Museum der Johns Hopkins University in Baltimore (Inv. JHUAM 2011.01; der hier nicht abgebildete Nagel: JHUAM 2011.06). Datierung: Mitte des 1. Jahrhunderts v. Chr.

Titelbild: Johns Hopkins Archaeological Museum. Der Rechteinhaber hat auf mehrfache Anfrage nicht reagiert. Hier sind Herausgeber und Verlag bereit, nach Anforderung rechtmäßiger Ansprüche abzugelten.

Krankheit war einer der häufigsten Gründe, dass sich Menschen in der Antike hilfesuchend an die Götter wandten. Zahlreiche lateinische Votivinschriften (abgeleitet von votum = Gelübde) bezeugen, dass man bei himmlischen Mächten die Genesung erkrankter Personen erbeten und dafür eine Gegenleistung versprochen hatte. Soweit die Inschriften dazu Aussagen machen, waren diejenigen, die das Gelübde aussprachen, oftmals die Erkrankten selbst, häufig aber auch ihre Angehörigen und nicht selten sogar Ärzte. In diesen Inschriften wird das betreffende Leiden in aller Regel nur sehr allgemein beschrieben. Lediglich Erkrankungen von Augen und Ohren wurden bisweilen explizit genannt.

Darüber hinaus führte man gelegentlich ›Fieber‹ als Ursache des Leidens an. Während nach heutiger medizinischer Kenntnis das Fieber ein Symptom von Erkrankungen ist, galt es von der Antike bis in die frühe Neuzeit als eigene Krankheit. Ein Beispiel hierfür liefert ein Votivaltar, der im Jahr 2002 in Veii, knapp 20 km nordwestlich von Rom, gefunden wurde. Seine Inschrift berichtet, dass ein gewisser Caius Sulpicius Liscus sein Gelübde gegenüber Herkules und den unbesiegten örtlichen Quellgöttern (Fontes Invicti) eingelöst hatte, weil er, wie erhofft, durch ein Bad im Quellwasser von der tertiana befreit worden war. Das Tertianfieber ist eine eher milde, kaum lebensbedrohliche Form der Malaria, bei der die Fieberanfälle alle drei Tage auftreten. Auch wenn diese Malariaform sowie, medizinisch gesehen, Fieber generell eher selten zum Tod führen, machte man es in der Antike wiederholt dafür verantwortlich: Aus Rom, dem adriatischen Norditalien sowie Orten im heutigen Tunesien und Algerien stammen mehrere lateinische Grabinschriften, in denen lang andauerndes oder heftiges Fieber als Todesursache genannt wird. Unter den betroffenen Personen war auch ein Arzt. Immer wieder begegnet man in antiken Grab- und Sakralinschriften dem Hinweis, dass die Ärztekunst nicht alles zu heilen in der Lage war. Daher vertraute man auch nicht ausschließlich auf eine medizinische Behandlung, sondern suchte sich zusätzlich auf andere Weise zu schützen. Als besonders wirkungsvoll erachtete man gerade bei Krankheiten Amulette, die dauerhaft getragen wurden oder fallspezifisch zur Anwendung kamen. Üblicherweise waren dies beschriftete Papyrusstücke, Metallplättchen oder sogenannte magische Gemmen, also geschnittene Halbedelsteine mit Bildern und Texten aus Religion und Mythos. Man verband mit ihnen magische Kräfte gegen alle erdenklichen negativen Einflüsse. Ein zentraler Anwendungsbereich der Amulette war wiederum Fieber, das auf diese Weise ferngehalten und gelindert werden sollte.

Die Krankheitsabwehr und -vorbeugung umfassten also mit Besuchen bei Ärzten, religiösen Akten im Rahmen offizieller Kulte sowie magischen Praktiken ein breites Spektrum an Maßnahmen. Die magischen Handlungen aber konnten nicht nur defensiv als Schutz, sondern auch offensiv und aggressiv angewendet werden: Es war in der Antike eine immer wieder geübte Praxis, Kontrahenten in verschiedensten Lebensbereichen dadurch bezwingen zu wollen, dass man sie mit einem Fluch belegte und ihnen alle erdenklichen Übel wünschte. Man benutzte dazu meist kleine Bleitäfelchen, sogenannte Fluchtafeln, die man selbst beschrieb oder beschreiben ließ, faltete oder aufrollte, bisweilen mit einem Nagel durchbohrte und an speziellen Orten, denen wie Gräbern besondere Wirkung zugeschrieben wurde, verbarg. Auf diese Weise versuchte man, Gegner vor Gericht durch erzwungenes Schweigen unschädlich zu machen, Konkurrenten in wirtschaftlichen Unternehmungen und bei Wagenrennen auszuschalten, oder aber Nebenbuhler in Liebesangelegenheiten auszustechen. Immer wieder ist festzustellen, dass man für den Verfluchten ein physisches Übel, und zwar ganz konkret Fieber, erbat: Ein Leiden, vor dem man sich selbst fürchtete und das man sich mit allen Mitteln vom Leib halten wollte, sollte den Widersacher treffen. Dabei wurde man mitunter sehr konkret und detailreich: Nicht immer nämlich beließ man es beim einfachen ›Wunsch‹, das Gegenüber möge unter Fieber leiden. Vielmehr gab es Fälle, in denen man versuchte, auf Nummer sicher zu gehen.

Eine der längsten Fluchtafeln aus der römischen Epoche ist ein 30,5 x 11 cm großes Bleitäfelchen aus der Mitte des 1. Jahrhunderts v. Chr. mit 45-zeiligem Text. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts ist es zusammen mit vier fast wortgleichen Stücken in Rom gefunden worden. Das Ensemble gelangte 1908 in die archäologische Sammlung der Johns Hopkins University in Baltimore. In der hier abgebildeten Tafel, von der über 60 Fragmente erhalten sind, wurde ein gewisser Plotius verflucht. Der Auftraggeber blieb, wie üblich, anonym und schwieg auch über den Anlass für den Fluch. Er wandte sich bei seinem Vorhaben an Proserpina, ihren Gemahl Pluto und den dreiköpfigen Höllenhund Cerberus (canis triceps) und versprach, wenn sie bis zu einem festgesetzten Termin getan hätten, was er wolle, ihnen Datteln, getrocknete Feigen und ein schwarzes Schwein darzubringen. Plotius wurde vom Kopf bis zu den Zehen in einzigartig differenzierter anatomischer Auflistung von Körperteilen und Organen verflucht. Ebenso detailliert bat der Verfasser darum, dass Plotius von allen erdenklichen Fiebern heimgesucht werden solle. Er zählte febris quartana tertiana cottidiana auf, das heißt Plotius sollte vom Wechselfieber befallen werden, das alle vier Tage auftrat (quartana), dann von dem eingangs in der Votivinschrift genannten Dreitagesfieber (tertiana) und zusätzlich von einem täglich auftretenden Fieber (cottidiana).

Fieber war also ein allgegenwärtiges und in verschiedener Hinsicht verfluchtes Übel: In Stein gemeißelt prangerte man es öffentlich in Grabinschriften wiederholt als Todesursache an. Es konnte Personen so stark beeinträchtigen, dass diese sich hilfesuchend im Rahmen weit verbreiteter Kultpraktiken an die Götter wandten. Demgegenüber waren Amulette, die gegen das häufig auftretende Krankheitssymptom schützen sollten, in aller Regel fremden Blicken entzogen. Womöglich vertraute man auf ihre Wirkung nicht nur bei einer Erkrankung, sondern auch für den Fall einer Verfluchung. Das Beispiel der Fluchtafel aus Rom macht deutlich, dass ein der öffentlichen Sichtbarkeit gänzlich entzogener, eng auf Blei geritzter Text nicht zu einer inhaltlichen Reduzierung führte. Ganz im Gegenteil offenbart er im Verborgenen eine sonst kaum bezeugte Kenntnis anatomischer Details und differenzierter Krankheitsbilder.

Artikel als PDF

zur Autorin

Ulrike Ehmig forscht als habilitierte Mitarbeiterin im Teilprojekt A03 UP2 »Magie im Kontext: defixiones und die Kommunikation mit antiken Göttern« des SFB 933 an der Universität Heidelberg. Sie befasst sich schwerpunktmäßig mit Forschungen im Bereich der lateinischen Epigraphik sowie Fragen der Wahrnehmung und Handhabung von Risiken in der Antike.

Literatur

Fox, William Sherwood (1912), The Johns Hopkins Tabellae Defixionum (The American Journal of Philology Suppl. 33.1), Baltimore, 16–19 Nr. 1 und 33–47.

Gager, John G. (1992), Curse Tablets and Binding Spells from the Ancient World, New York, 240–242.

Horn, Hans-Jürgen (1969), »Fieber«, in: Reallexikon für Antike und Christentum. Bd. 7, Stuttgart, 877–909.

Scheidel, Walter (2001), Death on the Nile. Disease and the Demography of Roman Egypt (Mnemosyne Suppl. History and Archaeology of Classical Antiquity 228), Leiden / Köln, 75–91.

Weitere Verweise

Katalogeintrag und ausführliche Beschreibung des im Text behandelten Bleitäfelchens auf der Website des Johns Hopkins Archaeological Museums

Ein weiterer Datenbankeintrag zum Täfelchen aus dem Artikel im Electronic Archive of Greek and Latin Epigraphy

Im Oktober 2016 fand ein internationaler Workshop zum Thema „Aktuelle Forschungen zu den antiken Fluchtafeln“ in Magdeburg statt. Berichte und Texte finden Sie hier.