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5300 Jahre Schrift
Universität Heidelberg: Sonderforschungsbereich 933 der Deutschen Forschungsgemeinschaft.
Materiale Textkulturen. Materialität und Präsenz des Geschriebenen in non-typographischen Gesellschaften
& Heidelberg Center for Cultural Heritage – HCCH
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Sonderforschungsbereich 933 der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Materiale Textkulturen & Heidelberg Center for Cultural Heritage – HCCH
 

The Art of Lettering

Schrift im Kunst- und Musikvideo (1999)

von Henry Keazor  (Europäische Kunstgeschichte)

 
Zusammenstellung von Screen­shots

aus: Antoine Bardou-­Jacquet/H5: Musikvideo zu Alex Gopher, »The Child«, 1999.

 

Das Video schildert die halsbrecherische Fahrt werdender Eltern durch Manhattan zum nächstgelegenen Krankenhaus, das sie dank des beherzten Taxichauffeurs gerade noch rechtzeitig zur Niederkunft des titelgebenden Kindes erreichen. In dem Clip wird die gezeigte Stadt mit all ihren Elementen — Gebäude (inklusive markanter Architekturen wie z. B. der Brooklyn Bridge), Natur und deren Phänomene (wie z. B. Wolken) — mit Hilfe von Buchstaben in ihrem Umrissen nachgebildet und zugleich bezeichnet. Selbst die menschlichen Protagonisten sind aus entsprechenden Buchstabenfolgen gebildet, so z. B. auch der Musiker des Stücks, Alex Gopher: Er erscheint zu Beginn des Videos in Form eines verkappten Portraits, denn die Beschreibung des werdenden Vaters — »Blackhair/Pleasant Face/Bigglasses/Husband/Littleman/Darksuit/Italian­shoes« — kann hinsichtlich einiger Details gut mit Fotoportraits von Gopher identifiziert werden.
zum Autor

Henry Keazor ist Professor für Neuere und Neueste Kunstgeschichte an der Universität Heidelberg. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören neben dem Musikvideo Kunstrezeption in Literatur und Medien sowie das Phänomen der Kunstfälschung.

 

Artikel als PDF

»Sobald an einem Ort viele Menschen zusammenleben, arbeiten und versorgt werden müssen, schlägt die Stunde der Verwaltung. Siegelabdrücke, die mit verschiedenen Motiven unterschiedliche Dinge oder Besitzer kennzeichneten, zeugen davon, dass Beamte den Warenverkehr regelten. Der Weg vom Siegel zur Schrift vollzog sich in vielen Einzelschritten«, fasst der Journalist Michael Zick in seinem 2008 im »Tagesspiegel« erschienenen Artikel »Von der Stadt zur Schrift« knapp Ergebnisse archäologischer Forschung zusammen.

›Stadt‹ und ›Schrift‹ — unter dieses Begriffsduo lässt sich auch eine Reihe von Kunst- und Musikvideos zählen, welche diese beiden Hervorbringungen menschlicher Kultur auf je unterschiedliche Weise zueinander in Beziehung setzen. Die ersten Worte des Titels meines Beitrags »The Art of Lettering« ließen sich dabei einmal übersetzen als »Die Kunst der Beschriftung«, ein anderes Mal aber auch als »Die mit Hilfe von Beschriftung realisierte Kunst«.

Eines der in der Gattung des Musikvideos bekanntesten Beispiele ist vielleicht das von dem französischen Regisseur Antoine Bardou-Jacquet 1999 gedrehte Musikvideo zu dem Stück »The Child« von Alex Gopher, einem französischen DJ mit dem bürgerlichen Namen Alexis Latrobe. Hört man sich das Stück an, so wird rasch deutlich, dass der darin interpretierte Text wenig Konkretes mitteilt. Dies stellte für den Regisseur eine Herausforderung dar, weil er ja üblicherweise seinem Video ein Konzept zugrunde zu legen bestrebt ist, das aus dem Text und/oder der Musik heraus entwickelt wird und so Wort und Klang visuell interpretiert. Gophers Stück ist inhaltlich so karg, weil es mit ›Samples‹ (also Tonausschnitten) aus dem Lied »God Bless the Child« arbeitet, das der Komponist Arthur Herzog Jr. 1939 zusammen mit der Sängerin Billie Holiday geschrieben hatte und das diese zwei Jahre später auf Schallplatte aufnahm. Der Text dieses Stücks handelt im Kern davon, dass Kinder, auch wenn deren Eltern über Geld verfügen, sich ihren eigenen Besitz erwerben sollten. Die von Gopher aus diesem Song entnommenen Wort- und Klangfragmente sind jedoch so gewählt, dass das bei Herzog Jr./Holiday mehrfach textlich erwähnte »child« an keiner Stelle zu hören ist: Es wird also gewissermaßen ganz bewusst umspielt und lediglich prominent im Liedtitel erwähnt. Hieraus sowie wahrscheinlich aus dem eigenwilligen Umgang Gophers mit dem ursprünglichen Songtext gewann Bardou Jacquet nun das Konzept für sein gemeinsam mit der französischen Designfirma H5 realisiertes Musikvideo. Zum einen macht er dabei das Kind des Songtitels zum dramaturgischen Dreh- und Angelpunkt seines Clips: Dieser erzählt auf einer inhaltlichen Ebene davon, wie die Eltern des Kindes unmittelbar vor dessen Geburt in einer halsbrecherischen Fahrt durch Manhattan zum nächstgelegenen Krankenhaus eilen, das sie dank eines beherzten Taxi­fahrers gerade noch rechtzeitig zur Niederkunft erreichen. Zum anderen zeigt uns das Video auf seiner gestalterischen Ebene eine Welt, in der alles — die Stadt, die Natur, selbst die Menschen — zu Text geworden sind und deshalb mit Hilfe von Buchstaben dargestellt und zugleich bezeichnet werden. Manhattan, sowohl seine Silhouette als auch einzelne berühmte Gebäude wie das Guggenheim Museum und die Brooklyn Bridge, aber auch Naturphänomene wie Wolken und selbst die menschlichen Protagonisten werden aus entsprechenden Buchstabenfolgen gebildet, die so angeordnet sind, dass sie zugleich die Umrisse des entsprechenden Objekts nachzeichnen. Gopher selbst wird zum Schluss des Clips als Kindsvater identifiziert: Es erscheint ein Text mit den Worten »Congratulations, Mr. Gopher, it's a boy«. Zudem bekommt er auch noch ein verkapptes Portrait gewidmet, denn die im Video erscheinende Beschreibung des werdenden Vaters — »Blackhair / Pleasant Face / Bigglasses / Husband / Littleman / Darksuit / Italianshoes« — kann in seinen physiognomischen Angaben und Details (»Bigglasses«) gut mit Fotoportraits von Gopher zur Deckung gebracht werden.

Kenner der etablierten Medienkunst werden nach einer Betrachtung von Bardou-Jacquets/Gophers »The Child« vielleicht zunächst den Eindruck haben, Bardou-Jacquet habe sich einfach großzügig bei einem Werk des australischen Künstlers Jeffrey Shaw bedient. Dieser hatte ab 1989 seine Serie der »Legible Cities« geschaffen: interaktive, Manhattan (1989), Amsterdam (1990) und Karlsruhe (1991) gewidmete Video-Installationen, bei denen die Stadt und ihre Gebäude jeweils ebenfalls in einen Text verwandelt werden, den man sodann lesen kann, indem man scheinbar — auf einem vor einer riesigen Leinwand montierten Fahrrad pedalend und lenkend — hindurchfährt. Es geht also um Zeit und Raum, wie sie sich bei der Lektüre von Texten verschränken: Der Text entfaltet sich im Raum und wird in der Zeit sukzessive beim Lesen rezipiert. Dies wird von Shaw mit dem städtischen Raum kombiniert, der dem Leser eine gewisse Freiheit lässt, denn er kann selbst entscheiden, in welcher Abfolge er die sich vor ihm entfaltende ›Architexture‹ erschließt.

All dies spielt bei Bardou-Jacquets/Gophers »The Child« natürlich keine Rolle, da das Video nicht interaktiv angelegt ist. Über diesen Unterschied hinaus werden bei Shaw in der frühesten Version der »Legible Cities« zunächst auch lediglich die Grundrisse der Gebäude übernommen und hierauf die den Text ergebenden Buchstaben angeordnet. Form und Höhe der Gebäude spielen für ihn zunächst — sehr im Unterschied zur Textstadt Bardou-Jacquets — keine Rolle. Und selbst noch in der späteren »Karlsruhe«-Version von Shaw, wo er sich nun annähernd an Maßen und Gestalt der zugrunde gelegten Gebäude orientiert, sind diese Bezugnahmen auf die originalen Architekturen längst nicht so präzise wie bei Bardou-Jacquet.

»The Child« weist schließlich noch eine weitere charmante Pointe auf: Wenn »The Child« geboren wird, erscheinen diese Worte als großer, sich über die Text-Stadt ziehender Schriftzug — und machen damit deutlich, dass mit dieser Geburt der Text des Lebens fortgeschrieben wird.

 

 
Literatur

Bardou-Jacquet, Antoine / H5 (1999), Alex Gopher: »The Child« (Musikvideo).

Shaw, Jeffrey (1989–), The Legible City (Computergraphic installation; Collection of ZKM-Medienmuseum Karlsruhe), Manhattan Version (1989), Amsterdam Version (1990), Karlsruhe Version (1991).

Keazor, Henry / Wübbena, Thorsten (2005), »Video thrills the Radio Star«. Musikvideos: Geschichte, Themen, Analysen (Kultur- und Medientheorie), Bielefeld.

Stenzer, Christine (2009), »Filmische Schrift. Ein Überblick«, in: Bernd Scheffer, Christine Stenzer, Soenke Zehler u. Peter Weibel (Hgg.), Schriftfilme. Schrift als Bild in Bewegung (Ausstellungskatalog, Wanderausstellung des Zentrums für Kunst in den Medien Karlsruhe und des Goethe-Instituts), Bielefeld, 35–72.

Weitere Verweise

Das Video des Vortrags finden Sie unter http://www.5300jahreschrift.de/videos/keazor.html.

Alex Gopher, "The Child" (Musikvideo)

Jeffrey Shawn, "The Legible City" (Webseite mit leider zur Zeit technisch defekten Video-Links) (Kurzvideo auf den Webseiten des ZKM)

"Von der Stadt zur Schrift", Artikel im Tagesspiegel.

Abbildungshinweis

Titelbild: Zusammenstellung von Screenshots aus: Antoine Bardou-Jacquet/H5: Musikvideo zu Alex Gopher, »The Child«, 1999.

 
  Wunderhorn Verlag Sonderforschungsbereich Materiale Textkulturen der Deutschen Forschungsgemeinschaft Universität Heidelberg  

The Art of Lettering

Schrift im Kunst- und Musikvideo (1999)

von Henry Keazor  (Europäische Kunstgeschichte)

Zusammenstellung von Screen­shots

aus: Antoine Bardou-­Jacquet/H5: Musikvideo zu Alex Gopher, »The Child«, 1999. Das Video schildert die halsbrecherische Fahrt werdender Eltern durch Manhattan zum nächstgelegenen Krankenhaus, das sie dank des beherzten Taxichauffeurs gerade noch rechtzeitig zur Niederkunft des titelgebenden Kindes erreichen. In dem Clip wird die gezeigte Stadt mit all ihren Elementen — Gebäude (inklusive markanter Architekturen wie z. B. der Brooklyn Bridge), Natur und deren Phänomene (wie z. B. Wolken) — mit Hilfe von Buchstaben in ihrem Umrissen nachgebildet und zugleich bezeichnet. Selbst die menschlichen Protagonisten sind aus entsprechenden Buchstabenfolgen gebildet, so z. B. auch der Musiker des Stücks, Alex Gopher: Er erscheint zu Beginn des Videos in Form eines verkappten Portraits, denn die Beschreibung des werdenden Vaters — »Blackhair/Pleasant Face/Bigglasses/Husband/Littleman/Darksuit/Italian­shoes« — kann hinsichtlich einiger Details gut mit Fotoportraits von Gopher identifiziert werden.

Titelbild: Zusammenstellung von Screenshots aus: Antoine Bardou-Jacquet/H5: Musikvideo zu Alex Gopher, »The Child«, 1999.

»Sobald an einem Ort viele Menschen zusammenleben, arbeiten und versorgt werden müssen, schlägt die Stunde der Verwaltung. Siegelabdrücke, die mit verschiedenen Motiven unterschiedliche Dinge oder Besitzer kennzeichneten, zeugen davon, dass Beamte den Warenverkehr regelten. Der Weg vom Siegel zur Schrift vollzog sich in vielen Einzelschritten«, fasst der Journalist Michael Zick in seinem 2008 im »Tagesspiegel« erschienenen Artikel »Von der Stadt zur Schrift« knapp Ergebnisse archäologischer Forschung zusammen.

›Stadt‹ und ›Schrift‹ — unter dieses Begriffsduo lässt sich auch eine Reihe von Kunst- und Musikvideos zählen, welche diese beiden Hervorbringungen menschlicher Kultur auf je unterschiedliche Weise zueinander in Beziehung setzen. Die ersten Worte des Titels meines Beitrags »The Art of Lettering« ließen sich dabei einmal übersetzen als »Die Kunst der Beschriftung«, ein anderes Mal aber auch als »Die mit Hilfe von Beschriftung realisierte Kunst«.

Eines der in der Gattung des Musikvideos bekanntesten Beispiele ist vielleicht das von dem französischen Regisseur Antoine Bardou-Jacquet 1999 gedrehte Musikvideo zu dem Stück »The Child« von Alex Gopher, einem französischen DJ mit dem bürgerlichen Namen Alexis Latrobe. Hört man sich das Stück an, so wird rasch deutlich, dass der darin interpretierte Text wenig Konkretes mitteilt. Dies stellte für den Regisseur eine Herausforderung dar, weil er ja üblicherweise seinem Video ein Konzept zugrunde zu legen bestrebt ist, das aus dem Text und/oder der Musik heraus entwickelt wird und so Wort und Klang visuell interpretiert. Gophers Stück ist inhaltlich so karg, weil es mit ›Samples‹ (also Tonausschnitten) aus dem Lied »God Bless the Child« arbeitet, das der Komponist Arthur Herzog Jr. 1939 zusammen mit der Sängerin Billie Holiday geschrieben hatte und das diese zwei Jahre später auf Schallplatte aufnahm. Der Text dieses Stücks handelt im Kern davon, dass Kinder, auch wenn deren Eltern über Geld verfügen, sich ihren eigenen Besitz erwerben sollten. Die von Gopher aus diesem Song entnommenen Wort- und Klangfragmente sind jedoch so gewählt, dass das bei Herzog Jr./Holiday mehrfach textlich erwähnte »child« an keiner Stelle zu hören ist: Es wird also gewissermaßen ganz bewusst umspielt und lediglich prominent im Liedtitel erwähnt. Hieraus sowie wahrscheinlich aus dem eigenwilligen Umgang Gophers mit dem ursprünglichen Songtext gewann Bardou Jacquet nun das Konzept für sein gemeinsam mit der französischen Designfirma H5 realisiertes Musikvideo. Zum einen macht er dabei das Kind des Songtitels zum dramaturgischen Dreh- und Angelpunkt seines Clips: Dieser erzählt auf einer inhaltlichen Ebene davon, wie die Eltern des Kindes unmittelbar vor dessen Geburt in einer halsbrecherischen Fahrt durch Manhattan zum nächstgelegenen Krankenhaus eilen, das sie dank eines beherzten Taxi­fahrers gerade noch rechtzeitig zur Niederkunft erreichen. Zum anderen zeigt uns das Video auf seiner gestalterischen Ebene eine Welt, in der alles — die Stadt, die Natur, selbst die Menschen — zu Text geworden sind und deshalb mit Hilfe von Buchstaben dargestellt und zugleich bezeichnet werden. Manhattan, sowohl seine Silhouette als auch einzelne berühmte Gebäude wie das Guggenheim Museum und die Brooklyn Bridge, aber auch Naturphänomene wie Wolken und selbst die menschlichen Protagonisten werden aus entsprechenden Buchstabenfolgen gebildet, die so angeordnet sind, dass sie zugleich die Umrisse des entsprechenden Objekts nachzeichnen. Gopher selbst wird zum Schluss des Clips als Kindsvater identifiziert: Es erscheint ein Text mit den Worten »Congratulations, Mr. Gopher, it's a boy«. Zudem bekommt er auch noch ein verkapptes Portrait gewidmet, denn die im Video erscheinende Beschreibung des werdenden Vaters — »Blackhair / Pleasant Face / Bigglasses / Husband / Littleman / Darksuit / Italianshoes« — kann in seinen physiognomischen Angaben und Details (»Bigglasses«) gut mit Fotoportraits von Gopher zur Deckung gebracht werden.

Kenner der etablierten Medienkunst werden nach einer Betrachtung von Bardou-Jacquets/Gophers »The Child« vielleicht zunächst den Eindruck haben, Bardou-Jacquet habe sich einfach großzügig bei einem Werk des australischen Künstlers Jeffrey Shaw bedient. Dieser hatte ab 1989 seine Serie der »Legible Cities« geschaffen: interaktive, Manhattan (1989), Amsterdam (1990) und Karlsruhe (1991) gewidmete Video-Installationen, bei denen die Stadt und ihre Gebäude jeweils ebenfalls in einen Text verwandelt werden, den man sodann lesen kann, indem man scheinbar — auf einem vor einer riesigen Leinwand montierten Fahrrad pedalend und lenkend — hindurchfährt. Es geht also um Zeit und Raum, wie sie sich bei der Lektüre von Texten verschränken: Der Text entfaltet sich im Raum und wird in der Zeit sukzessive beim Lesen rezipiert. Dies wird von Shaw mit dem städtischen Raum kombiniert, der dem Leser eine gewisse Freiheit lässt, denn er kann selbst entscheiden, in welcher Abfolge er die sich vor ihm entfaltende ›Architexture‹ erschließt.

All dies spielt bei Bardou-Jacquets/Gophers »The Child« natürlich keine Rolle, da das Video nicht interaktiv angelegt ist. Über diesen Unterschied hinaus werden bei Shaw in der frühesten Version der »Legible Cities« zunächst auch lediglich die Grundrisse der Gebäude übernommen und hierauf die den Text ergebenden Buchstaben angeordnet. Form und Höhe der Gebäude spielen für ihn zunächst — sehr im Unterschied zur Textstadt Bardou-Jacquets — keine Rolle. Und selbst noch in der späteren »Karlsruhe«-Version von Shaw, wo er sich nun annähernd an Maßen und Gestalt der zugrunde gelegten Gebäude orientiert, sind diese Bezugnahmen auf die originalen Architekturen längst nicht so präzise wie bei Bardou-Jacquet.

»The Child« weist schließlich noch eine weitere charmante Pointe auf: Wenn »The Child« geboren wird, erscheinen diese Worte als großer, sich über die Text-Stadt ziehender Schriftzug — und machen damit deutlich, dass mit dieser Geburt der Text des Lebens fortgeschrieben wird.

Artikel als PDF

zum Autor

Henry Keazor ist Professor für Neuere und Neueste Kunstgeschichte an der Universität Heidelberg. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören neben dem Musikvideo Kunstrezeption in Literatur und Medien sowie das Phänomen der Kunstfälschung.

Literatur

Bardou-Jacquet, Antoine / H5 (1999), Alex Gopher: »The Child« (Musikvideo).

Shaw, Jeffrey (1989–), The Legible City (Computergraphic installation; Collection of ZKM-Medienmuseum Karlsruhe), Manhattan Version (1989), Amsterdam Version (1990), Karlsruhe Version (1991).

Keazor, Henry / Wübbena, Thorsten (2005), »Video thrills the Radio Star«. Musikvideos: Geschichte, Themen, Analysen (Kultur- und Medientheorie), Bielefeld.

Stenzer, Christine (2009), »Filmische Schrift. Ein Überblick«, in: Bernd Scheffer, Christine Stenzer, Soenke Zehler u. Peter Weibel (Hgg.), Schriftfilme. Schrift als Bild in Bewegung (Ausstellungskatalog, Wanderausstellung des Zentrums für Kunst in den Medien Karlsruhe und des Goethe-Instituts), Bielefeld, 35–72.

Weitere Verweise

Das Video des Vortrags finden Sie unter http://www.5300jahreschrift.de/videos/keazor.html.

Alex Gopher, "The Child" (Musikvideo)

Jeffrey Shawn, "The Legible City" (Webseite mit leider zur Zeit technisch defekten Video-Links) (Kurzvideo auf den Webseiten des ZKM)

"Von der Stadt zur Schrift", Artikel im Tagesspiegel.